test it... Tag 1
Es ist soweit... seit Langem landen als Beigabe zu bestellten Dingen Gutscheinkärtchen von Hello Fresh bei mir und immer landen sie im Papierkorb, nicht ohne wachsender Lust darauf zu wissen, wieso das irgendwie funktioniert... also was alle daran finden.
Und irgendwie blubbert immer der Gedanke, dass das alles vermutlich nicht so ist wie es aussieht. Ausgangslage: ich habe Vorurteile und halte das Ganze für einen der üblichen Auswüchse unserer Überflussgesellschaft. (Man muss fairerweise sagen... Dorfmenschen sehen die Dinge eh etwas anders als Stadtbewohner.)
Soweit die Ausgangsbedingungen. Und dann ergibt sich die Gelegenheit, das Ganze tatsächlich zu testen, weil ein lieber Freund mir etwas Gutes tun will und mir eine Testbox spendiert. 3mal 2 Portionen Hello Fresh. Ich bin immer noch skeptisch und kapiere in der Probierversion kaum die Bedingungen und klicke vorsichtshalber auf Veggie und irgendein Datum, das mir plausibel erscheint. Am Wochenende... weil unter der Woche wird das irgendwie zuviel (und da war mir noch nicht einmal klar, was kommt). Egal... ich will auch endlich nicht mehr ohne Grund nörgeln, wenn mein Freund von seiner neuesten Lieferung berichtet, also startet der Selbstversuch.
Man muss dazu sagen... ich backe deutlich lieber und besser, als ich koche... aber damit qualifiziere ich mich wohl auch em ehesten für die Kochbox. Ambitionierte Köche sind ganz sicher nicht das Zielpublikum.
Tag 1... Liefertag und erstes Gericht
Hello Fresh gibt mir Bescheid, dass meine Box bald landet (noch immer habe ich nicht kapiert, ob alles auf einmal kommt oder verteilt auf 3 Freitage). Also lasse ich mich überraschen, es ist eh kaum Zeit, nachzudenken, weil 4 riesige Bigpacks Äpfel auf Mostung warten und Arbeitstag ist. Und Hello Fresh soll ja entspannen. Mit dem Auto voller Saft komme ich nach Hause und weiß, dass noch genug Arbeit wartet. Und da steht sie... die Box mit unserem Wochenend-Abendessen. In diesem Moment bleibt nur Erleichterung, weil ich schlicht kein Hirn freimachen muss, um zu überlegen, was es am Wochenende gibt und es auch nicht besorgen muss.
Soviel zur Skepsis:)
Ich fange vorerst an zu ahnen, was der geneigte Abonnent dran findet.
Auspacken ist auch irgendwie cool... zumindest wird sich jetzt zeigen, wieviele Portionen drin stecken.
Alles sieht erst einmal ziemlich vernünftig aus....ich beschließe, mir eine möglichst objektive Meinung zu bilden, indem ich alle Verpackung sammle und am Ende sehe, was es dazu zu sagen gibt. Was ich recht schnell weiss ist, dass mit steigender Temperatur in der Kiste (es ist tatsächlich noch einmal warm Ende Oktober) ein Kühlelement verabschiedet hat. Es war wohl beschädigt, was man tatsächlich im gefrosteten Zustand nicht merkt. Dumm aber für den, der die Kiste nicht gleich öffnen kann, um alles herauszuholen, weil alles, was im Kühlbeutel steckt, nun baden geht.
Ich räume also aus, stecke in den Kühlschrank, was besser dort aufgehoben ist (bei 5 Tagen Lieferung für mehr Personen sollte man vorbereitet sein... muss man ja aber auch, wenn man vorsorgend einkaufen geht) und entscheide mich mit meiner Familie für das erste Gericht. Gemüse und Salat bleiben in der Kiste... nachts ist es draussen kühl genug, damit alles 3 Tage durchhält, hoffe ich. Jedes Gericht ist in einem extra und nach deppentauglichen System gekennzeichneten Papierbeutel verpackt, dazu gibts die Rezeptkarte mit derselben Zahl und Farbe... Soweit so gut... der erste Abend kann kommen.
Zubereitung Gericht 1: Halloumiburger
Ich weiss nicht so recht, was Halloumi ist, bis ich später beim Essen merke, dass ich den Quietschkäse doch kenne... vom Sommergrillen. Mit Möhren, Pastinake und Aubergine sind keine Zutaten in der Tüte, die ich nicht schonmal verarbeitet habe und selbst die Zubereitung, die man der Rezeptkarte entnimmt, kenne ich aus meinem Alltag... Es steht viel da an Nährwerten, Mengenangaben und so weiter... ich versuche, mich auf die Zubereitung zu konzentrieren und merke schon jetzt, dass ich es anstrengend finde. Mein Freund... der, der das öfter tut, macht es, weil er mit herkömmlichen Kochbüchern nicht gut kann... der Unterschied erschließt sich mir nicht ganz. Ich verliere mich komplett in Einzelschritten, versuche, 3 verschiedene Pfannenbestandteile hintereinander abzuarbeiten und bin froh, dass mein Kind schon das Wurzelgemüse schnippelt und in den Ofen packt. Alles, was ich sonst recht selbstverständlich und mit Menschenverstand mache, hinterfrage ich bereits an dieser Stelle und lese hundertmal nach. Vielleicht ja auch, weil ich sehen will, inwieweit ich mit den vorhandenen Zutaten zurecht komme, also ohne eigene Vorräte zu nutzen.
Spätestens, als wir uns nicht mehr sicher sind, ob wir das Ofengemüse würzen sollen und womit, fängt es an, richtig zu nerven und wir beschließen zu tun, was wir sonst tun würden... also Öl drauf, Salz, Pfeffer und ab mit gewohnter Temperatur in den Ofen. Wir sind 2 Personen... soll ja vielleicht auch so sein... also Kocherlebnis und so. Person 1 verabschiedet sich an der Stelle und lässt mich mit den restlichen Schritten allein, die grundlegend nicht aufwändig sind, mich aber, weil ich krampfhaft versuche, mich an alle Vorgaben zu halten, um den perfekten Burger zu kreieren, zunehmend müde machen.
40 Minuten später sind alle Bestandteile des Burgers bereit, die BurgerPettis im Ofen kurz vor zu hart und wir bauen zusammen... Sieht toll aus, was wir da gemacht haben, auch wenn die Zwiebeln, die u.a.mit Zucker weichgedünstet sind, einfach schon hart karamellisiert sind (ich würde die persönlich als letzten Schritt machen, nicht als ersten), ergibt sich ein tolles Ergebnis und man ist kurz mehr stolz als kaputt.
Wir setzen uns zum Essen (genauso spät wie sonst) und Genuss ist angesagt. Der Herr des Hauses murrt wegen zu viel Gemüse, aber das Ganze schmeckt wirklich gut. Wurzelgemüse und Salat gibts reichlich, aber ich vermute, er wird nicht wirklich satt. So isses dann auch. Aber der durchschnittliche Büromensch sollte gut damit zurechtkommen (nicht das fehlende Fleisch ist das Thema, sondern wirklich die Menge für Männer mit gesundem Hunger).
Mein Kind mümmelt in sich rein und blickt direkt auf den Küchenschrank, um festzustellen "hier siehts aus wie auf dem Schlachtfeld".
(Ich erspare euch ein Foto.)
Und sie hat recht. Das, was ich sonst mit einer überschaubaren Menge Utensilien hinbekomme, ist heute vollends entglitten. Menschen fast alle satt, geschmeckt hat's auch, Raketenwissenschaft war es nicht. Ob's also nötig ist... wer weiss. Aber möglich.
Ich räume das Schlachtfeld auf, staple die Abfälle und entsorge die Reste an Grünzeug im Biomüll. Eigentlich ist der Sinn des Ganzen... ich habe keine Reste. Geht nicht ganz auf, aber das ist eine Frage des Geschmacks. Mehr Rucola als Burger ist vielleicht ja was für Hardcorevegetarier. Die zu lange gegarten, weil in einem Schritt mit den Möhren in den Ofen gepackten Pastinaken sind zu trocken geworden und werden als Dörrgemüse den Mäusen überlassen. Der Rest Rucola wandert in den Kühlschrank. Ich hab keine Ahnung, wofür, denn morgen gibts ein neues Gericht... auch mit Salat... der muss ja dann auch irgendwie weg (und schon kommt leichter Stess auf, wo ich ja eigentlich relaxt sein sollte). Ich vermute, der Rucola muss Glück haben, um verwendet zu werden.
Ich ergötze mich noch schnell an den netten Vorschlägen, was ich mit dem (nicht trinkbaren) Wasser der nachhaltigen Kühlelemente so anfangen kann, leere sie aus (zur Erinnerung... einer tropfte die Kühltasche bereits am Nachmittag komplett nass, wurde aber gottseidank entdeckt:) und packe sie zum Müll. Aber der ist ja gottseidank nachhaltig entsorgbar. Hm. Man wird sehen... Tag 2 kommt bestimmt und ich bin gespannt und versuche, halbwegs die Objektivität zu wahren.
(Und ich verspüre das starke Bedürfnis, irgendetwas leckeres zu backen... irgendetwas, was mir nur mein Magen diktiert.)